In der gegenwärtigen Kunstlandschaft zeichnet sich eine verstärkte Hinwendung zu textilen Materialien ab. Die sechs ausgewählten Positionen dieser Ausstellung zeugen von der Vielschichtigkeit dieses Phänomens. Textile Werkstoffe werden hier nicht nur als Bildträger verwendet, sondern bilden einen konzeptuellen Ausgangspunkt für die künstlerische Auseinandersetzung.
Die Arbeiten reagieren auf ein Phänomen, das der Philosoph Byung-Chul Han als „das Glatte" beschrieben hat – jene reibungslose, widerstandslose Qualität, die unsere digitale Gegenwart prägt. In seiner „Errettung des Schönen" analysiert Han, wie das Glatte der digitalen Welt Tiefe, Geheimnis und Materialität einebnet. Die von den Künstler*innen in der Ausstellung versammelten textilen Werke bilden einen Gegenpol zu dieser Tendenz. Sie setzen dem Algorithmus das Handwerk entgegen, der friktionslosen Oberfläche die haptische Erfahrung, der Beschleunigung die Langsamkeit des Entstehungsprozesses.
In einer zunehmend virtualisierten, immateriellen Lebenswelt eröffnet das Textile eine Dimension des Begreifens im doppelten Sinne. Die in der Ausstellung versammelten Positionen entwickeln aus der Materialität des Stofflichen heraus eine eigene poetische Kraft und machen dabei Schichtungen, Verwandlungen und Verdichtungen sichtbar, die dem Textilen inhärent sind. In dieser Beschäftigung mit dem Materiellen entfaltet sich jene besondere Art von Magie, die nicht im Spektakulären, sondern im Prozess der Transformation und Berührung selbst liegt – ein Zauber, der sich in der Falte, in der Naht, in der Textur offenbart. Es ist die Magie des Geheimnisses, das sich nicht sofort preisgibt, sondern erst im verweilenden Betrachten, im Berühren und Begreifen erschließt.
Christiane Bergelt
*1982 in Marienberg, lebt/arbeitet in Angermünde, Brandenburg
MA in Fine Art/Painting Chelsea College of Art, London, Freie Malerei Akademie der Bildenden Künste Nürnberg
Bea Meyer
*1969 in Karl-Marx-Stadt, lebt/arbeitet in Leipzig
1994–2000 Studium Medienkunst HBG Leipzig, 1997–1998 Kongelige Danske Kunstakademi Kopenhagen
Gisela Kleinlein
*1955 in Nürnberg, lebt/arbeitet in Berlin
1976–1983 Studium an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg und an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, 1999-2021 Professorin Fachbereich Design und Kunst an der Bergischen Universität Wuppertal
Aldona Kut
*1976 in Przemysl, Polen, lebt/arbeitet in Pegnitz/Opf.
1994–1996 Schule für Modedesign in Krakau, 1995–2000 Kunsterziehung an der Pädagogischen Akademie, Krakau, 1997–2002 Malerei, Akademie der Bildenden Künste, Krakau, 2001–2003 Bühnenbild, Akademie der Bildenden Künste, Krakau, 2006–2008 Master of Arts, Masterstudiengang Architektur und Stadtforschung, Akademie der Bildenden Künste, Nürnberg
Andreas Oehlert
*1966 in Fürth, lebt dort und arbeitet in Nürnberg
1990–1997 Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, 1993–1994 Akademie der Schönen Künste, Krakau, 1999–2000 MA Fine Art mit Auszeichnung, Chelsea College of Art and Design, London
Jasmin Schmidt
*1981 in Regensburg, lebt/arbeitet in Flossenbürg/Opf.
2002–2005 Studium Kultur und Gesellschaft Afrikas (B.A.), Universität Bayreuth, 2007–2013 Malerei Akademie der Bildenden Künste Nürnberg